2008-08-14

"Ich bin nicht zu brechen"

Vincent Kompany ist zurück. Mit einem Haufen Ärger, schlechter Laune und einem Appell. Worte, die beim Arbeitgeber HSV auf wenig Verständnis stoßen. Klubboss Bernd Hoffmann mahnt eindringlich: "Es gab eine klare Absprache zwischen uns, dem belgischen Verband und Vincent. Und Vincent täte gut daran, sich auf seinen Job zu konzentrieren." Das Interview:

Abendblatt:
Herr Kompany, ein, zwei Fragen zu Ihrem Olympiaauftritt sind noch offen...

Vincent Kompany:
(unterbricht): ...ich will keine Fragen beantworten. Ich frage euch, ob das Spaß macht. Ich bin in dieser Situation ganz allein.

Abendblatt:
Spaß?

Kompany:
Ich finde es schwach, wenn alle auf einen eintreten. Aber ich bin nicht zu brechen.

Abendblatt:
Fühlen Sie sich falsch behandelt?

Kompany:
Ja. Ich bin Belgier und spiele für ein kleines Fußball-Land. Ich verstehe die Vorwürfe nicht.

Abendblatt:
Sie wollten trotz anderslautender Vereinbarung länger bei Olympia bleiben.

Kompany:
Die Abmachung war zwischen Verband und Verein.

Abendblatt:
Nicht zwischen dem HSV und Ihnen?

Kompany:
Nein, wir hatten nur vereinbart, nach dem zweiten Gruppenspiel die sportliche Seite zu evaluieren. Mehr habe ich nicht gemacht. Ich hätte am liebsten für beide gespielt. Keiner darf daran zweifeln, dass ich mich auf die Bundesliga freue. Aber wir haben auch in den nächsten 50 Jahren noch Saisonauftakte - Olympia spiele ich mit Belgien dagegen wohl nur einmal. Ich hatte zwei Prioritäten und habe abgewogen, was ich mehr bereut hätte.

Abendblatt:
Glauben Sie, dass die Fans das so differenzieren?

Kompany:
Ich war immer nett, war ein Gentleman. Aber jetzt komme ich mir blöd vor. Alle kennen nur die eine Seite, und so komme ich lächerlich rüber. Ich werde dargestellt, als hätte ich mich nicht an mein Wort gehalten, und das ist falsch. Aber es könnte negative Auswirkungen haben - und dafür habe ich kein Verständnis.

Abendblatt:
Wem gilt Ihr Unverständnis?

Kompany:
Der Entscheidung. Ich war nach dem ersten Spiel gesperrt und wurde erst drei Tage später als Führungsspieler der Belgier für die Ersatzbank beim HSV abberufen. Warum wurde ich nicht gleich abberufen? Dann hätte ich mich optimal vorbereiten können und eine realistische Chance für München gehabt.

Abendblatt:
Wie viel Schuld trägt Ihr Verband?

Kompany:
Ich allein habe nicht die Kraft und die juristische Macht gegen den Verein vorzugehen. Und der Verband ist klein, hat Angst vor dem HSV. Das ist anders als bei Brasilien oder Argentinien. Nicht umsonst bin ich der einzige Bundesligaspieler, der zurück ist. Die anderen sind einfach abgehauen, bleiben da, obwohl sie alle wichtige Spiele mit ihren Vereinen vor sich haben. Das hätte ich natürlich auch machen können. Stattdessen habe ich auf einen gütlichen Kompromiss und Verständnis gehofft. Ich war offen, habe mich ruhig verhalten, weil ich dachte, das sei intelligent. Das Resultat ist, dass ich die maximale Strafe habe.

Abendblatt:
Sportlich oder finanziell?

Kompany:
Ich habe hier keine Lobby.

Abendblatt:
Welche direkten Auswirkungen wird das haben?

Kompany:
Keine Ahnung. Aber ich werde für die Jungs alle persönlichen Dinge auf dem Platz wegschieben. Ich habe ein gutes Band zu allen Mannschaftskameraden.

erschienen am 14. August 2008